Strukturreform jetzt: Bürgerstaat statt Wirtschaftsstaat!
Strukturreform jetzt: Bürgerstaat statt Wirtschaftsstaat!

Strukturreform jetzt: Bürgerstaat statt Wirtschaftsstaat!

Es ist ein handfester Skandal, aber niemand empört sich.

Was Walter Eucken 1932 als Wirtschaftsstaat kritisierte, ist heute mehr denn je traurige Realität: Ein Staat der sich zur Beute der Interessengruppen macht. Nach der Abwrackprämie ist vor dem E-Mobil-Nepotismus. Die Bundesregierung zwingt erneut den Steuern zahlenden Nachbarn das neue Auto seines Nachbarn mit zu finanzieren.

2009 betrug die Nachbarschaftsabgabe noch 2.500 Euro, 2016 sind es schon 4.000 Euro. Inzwischen übernehmen(psychopolitisch) gelenkt wirkende Medien die politische Argumentation wie selbstverständlich. Völlig normal ist heute, dass der Staat den Wettbewerb verzerrt, die Preise verzerrt, das Eigentum unter seinen Vorbehalt stellt, den Verbraucher lenkt und lockt, das Entdeckungs- und Entmachtungsverfahren der Märkte kalt sozialisiert.

Die Väter des Wirtschaftswunders, über eingeweihte Kreise hinaus ohnehin kaum mehr bekannt, müssten sich wie anonyme Alkoholiker vorkommen, die an einer Raststätte stehen und einen Kippen, um diesen neosozialistischen Stuss auszuhalten.

Deutschland befindet sich indes in bester Gesellschaft. Die Hälfte des Arbeitsertrags wird über Steuern und Abgaben einer Vielzahl von Menschen in einer Fülle westlicher Länder weggenommen. Die Regulierung unseres Lebens von der Babyanfangsnahrung bis zur Friedhofsruhe war niemals ausgeprägter als zur Zeit des Turbo-, Raubtier und Kasinokapitalismus. Und Debatten über Ungleichheit füllen Gazetten und Talk Shows. Ludwig von Mises hätte, einmal lässig formuliert, gesagt: So was kommt von so was.

Schließlich ist es längst mit den Händen zu greifen, dass die Staatsführungen in Deutschland und Europa den globalen Herausforderungen und der weltweiten gesellschaftlichen Dynamik nicht mehr gewachsen sind. Die Kluft, die zwischen Bürgern und Parteien, zwischen ganz normalen Menschen und Berufspolitikern klafft, ist keine Stimmung, die aus dem Moment geboren ist. Die tektonische Verschiebung des Parteiensystems, die sich in Europa ausbreitet, ist keiner Laune geschuldet und keinem gekonnten Populismus. Bürger sind wütend und suchen nach Alternativen für Deutschland und EU. In Spanien zeugt die aktuelle Regierungsunfähigkeit von der Unfähigkeit der Parteien, akzeptable Lösungen für die Probleme der Bürger anzubieten. Das gilt auch für die Großkrisen: Euro-Krise, überbordende Staatsverschuldung, ausstehende strukturellen Reformen der sozialen Systeme in Verbindung mit demographischen Trends seit Anfang der 1980er Jahre, Flüchtlingskrise, Überregulierungskrise, Entwicklungshilfefiasko sowie außen- und sicherheitspolitischen „Arabesken“. Es sind allesamt Staatskrisen, durchweg hausgemacht.

Völlig in Vergessenheit geraten ist, dass Politiker vom Bürger beauftragt werden, ihm zu dienen, seine Lebensumständen zu verbessern. Sobald das deutlich wird, bei Volksabstimmungen und Forderungen nach mehr Basisdemokratie, werden diese regelmäßig als gefährlich eingestuft. Die Argumentation ist immer stupide simpel, Beispiel Europa: die EU sei alternativlos, der Brexit unverantwortlich.

Gefährlich sind indes längst die Regierungen geworden, gefährlich aufgrund ihrer Fahrlässigkeit und Unfähigkeit, zeitgemäße Antworten auf die Probleme und Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Das kann politische Zauberlehrlinge rufen, die man schwer wieder los wird.

Der Wirtschaftsstaat war 1932 eine gravierende Fehlentwicklung und hat zur Entwicklung des Neoliberalismus als Antwort geführt. Der Wirtschaftsstaat ist ein Lebensalter später eine gravierende Fehlentwicklung und muss korrigiert werden.

Die Aufgabe des Staates ist es, erstens die ihn beauftragenden Bürger zu schützen – vor Gefahren von Leib, Leben und Eigentum von außen, vor ebensolchen Gefahren im Innern. Zweitens kommt der Aufbau und Unterhalt einer Freiheitsinfrastruktur hinzu, die den Bürgern die Kooperation miteinander erleichtert. Der Bürgerstaat ist die Alternative zum überall herumfummelnden Neonepotismus. Sobald das überbordende Staatsversagen wegfällt und die Belastungen des Bürgers, die ihm der wohlmeinende Vater (gegendert Mutti-Vatti-) Staat als milde Gaben vorgaukelt, drastisch gesenkt werden, wird es einen nie dagewesenen wirtschaftlich-sozialen Konjunkturboom geben. Und der zahlt sich staatspolitisch aus.