Restrepo und Ramadi: Interventionen verfangen sich in fremden Kulturen
Restrepo und Ramadi: Interventionen verfangen sich in fremden Kulturen

Restrepo und Ramadi: Interventionen verfangen sich in fremden Kulturen

Restrepo

Restrepo war ein kleiner Außenposten der amerikanischen 173. Luftlandebrigade im Korengal-Tal, das im Nordosten Afghanistans liegt.

In dem 10 Kilometer langen und nur 1 Kilometer breiten, gebirgigen, bewaldeten Tal fanden zwischen 2006 und 2010 zahlreiche, mitunter schwere Kämpfe mit den Taliban statt.

Restrepo ist zugleich der Titel eines Dokumentarfilms. Zwei amerikanische Journalisten begleiten embedded über ein Jahr 15 Soldaten in ihrem Einsatz in Restrepo; sie erleben die täglichen Feuergefechte, den Knochenjob der Errichtung des Außenpostens auf einer felsigen Bergkuppe, das Leid und die kleinen Freuden, die permanente Anspannung und den Triumph über besiegte Feinde. Und sie dokumentieren die nicht enden wollenden Schwierigkeiten, das Erlebte nach dem Einsatz zu verarbeiten.

In regelmäßigen Gesprächen mit ansässigen Dorfältesten wird deutlich wie übermächtig die kulturellen, traditionellen, machtpolitischen Konstellationen in Afghanistan sind.

Der Bau einer Straße zur Verbesserung der Lebensqualität aller Bewohner kommt nicht voran. Die Entschädigung für eine getötete Kuh wird zum Streitfall, weil die Afghanen keine Lebensmittel wie Reis, Bohnen und Mehl in der Höhe des Gewichts der Kuh akzeptieren wollen, sondern Bargeld fordern. Die Trennung zwischen Einheimischen und Taliban ist eine mühsame Aufgabe.

2004 hatte eine Einheit der Marines mit 28 Tagen Marsch im Gebiet des Korengal-Tals die längste Patrouille der amerikanischen Streitkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg und nach Vietnam durchgeführt. Insgesamt verloren die Amerikaner dort fast 50 Gefallene und Hunderte Verwundete. Mangels Fortschritten gaben die USA im April 2010 ihre Posten auf. Unmittelbar danach übernahmen die Taleban wieder die Herrschaft.

Ramadi

Ramadi und Falludjscha sind zwei Brennpunkte, in denen der Scharfschütze Chris Kyle zum Einsatz kommt und zur Legende wird.

Der auf der Lebensgeschichte des Navy Seals aufbauende und um fiktive Elemente ergänzte Film American Sniper von Clint Eastwood thematisiert die zermürbenden Irak-Einsätze und ihre Folgen im Zivilleben für eine Generation US-Soldaten.

Mit 160 bestätigten Tötungen ist Chris Kyle der erfolgreichste Scharfschütze in der Geschichte der amerikanischen Streitkräfte. Viele Soldaten verdanken ihm sein Leben. Er selbst wurde zusammen mit einem Kameraden von einem geistesgestörten Veteranen auf einem zivilen Schiessstand in den USA getötet.

Über das persönliche, familiäre Schicksal hinaus zeigt der Film in vielen kleinen und großen Momenten wie sehr zwei unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen, in welchem Ausmaß Traditionen und Terror zu einem Widerstand gegen die Intervention der USA verwoben werden. Die Hauptleidenden sind die Zivilisten, die nicht zuletzt beim Kollaborationsverdacht auf grausame Weise von al-Qaida im Irak malträtiert werden. Heute ist der Irak ein geteilter, zerfallender Staat.

Interventionismus oder Liberalismus

„Doing Bad by Doing Good“ lautet die treffende Formel für fehlschlagende Interventionen. Sie stammt von Christopher Coyne, der in seiner grundlegenden Arbeit After War die Unterscheide von drei Interventionstypen herausgearbeitet und bewertet hat.

    • Gewaltsame Eroberung und Kolonialisierung sind ein Ansatz, der mit dem Problem verbunden ist, dass keine eigenständigen Strukturen heranwachsen, die eine tragfähige Grundlage für eine Nachinterventionszeit bieten; Beispiele sind Indien und Vietnam, aber auch Afghanistan und Irak.
    • Peacekeeping sowie Nation- und Statebuilding machen die Interventionisten zu einem parteiischen Mitspieler wie in Somalia (filmisches Stichwort: Black Hawk down) und verkennen, dass sich Staaten und Gesellschaften nicht konstruieren lassen.
    • Was bleibt ist die liberale Lösung: Nichteinmischung und Freihandel; das ist der Ansatz, der Ausdauer und Selbstbeschränkung mit dem Vertrauen auf die langfristig selbstheilenden Kräfte der Gesellschaften setzt.

Erfolgsbeispiele für die liberale Lösung, auch als Überwindung totalitärer Systeme mit unterschiedlichem Verlauf und mitunter unsicherem Ausgang, finden sich viele: die Tiger-Staaten in Asien, Puntland in Somalia, die osteuropäischen Staaten, Tunesien, nunmehr absehbar Kuba, ferner Chile.

Nicht dazu gehören Afghanistan und Irak. Dort hat die sogenannte Internationale Gemeinschaft andere Ansätze verfolgt.

Der Krieg gegen den Terror geht statistisch mit einem drastischen Anstieg der Terror-Toten einher.