Politisches Denken, das inspiriert
Politisches Denken, das inspiriert

Politisches Denken, das inspiriert

Die Deutsche Gesellschaft zur Erforschung des Politisches Denkens (DGEPD) ist eine intellektuelle Adresse ersten Ranges. Zumindest vermittelt das nachfolgend besprochene Jahrbuch diesen Eindruck. Erfreulich, dass ich zufällig darauf gestoßen bin. Schade, dass das nicht schon früher der Fall war. Wer (politisch) denken mag und eine inspirierende geistige Heimat sucht, ist hier genau richtig.

Eckdaten des Jahrbuchs
Das Jahrbuch 2016 enthält auf 247 Seiten vier lesenswerte Abteilungen, die dem Editorial und einem Nachruf folgen: „Europa Denken“ dokumentiert vier Arbeiten der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des Politischen Denkens, die im Jahr 2015 stattfand und unverändert bedenkenswerte wie kontroverse Anregungen bietet. Die zweite Abteilung besteht aus Aufsätzen zu so unterschiedlichen Themenfeldern wie Humboldt-Mythos, Stand der Geisteswissenschaften, Strauss’s Husserl Interpretation, Demokratie und Relativismus sowie zur demokratischen Umbildung des weberschen Charisma. Die dritte Abteilung besteht aus einem Rezessionsessay zu Publikationen zu und über Carl Schmitt und die vierte enthält sieben Rezensionen von überwiegend historischen Monographien.

Kaum ein Leser dürfte Experte in allen Fachgebieten sein. Jeder wache politische Denker wird eine Menge anregender Perspektiven und guter Argumente sowie Anlässe zum Kopfschütteln finden. In jedem Fall gibt es Bewegung für das Gehirn.

Nachfolgend möchte ich neben knappen Inhaltsangaben einige meiner Gedanken schildern, statt eine akademische Rezension zu verfassen.

Europa denken heißt Vielfalt verankern
„Europa denken heißt den Westen denken.“ Mit dieser These eröffnet Jürgen Gebhardt, emeritierter Professor für Politische Wissenschaft, die erste Abteilung. Europa sei Teil des Westens und damit ein normatives Projekt, das von dem Historiker Heinrich August Winkler in dessen „Geschichte des Westens“ beschrieben worden sei. Der Westen entspringe der atlantischen Revolution und finde seinen Ausdruck im republikanischen Paradigma bürgerschaftlicher Selbstregierung in den USA.

Ich finde es gleichermaßen erstaunlich wie erfreulich, dass ein namhafter Politikwissenschaftler den Liberalismus hochhält und dessen universalen Anspruch betont. Als Kind der 80er Jahre ist mir die konstitutionell-demokratische Ordnung, die aus dem Ringen mit den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts entstanden ist, die atlantische Konföderation und umfassende Wertegemeinschaft keinesfalls fremd. Das akademische Postulat, der neue Westen solle der alte sein, scheint mir indes ohne eisernen Vorhang überholt. Die Kalter-Krieg-Koalition und –Wertegemeinschaft existiert heute nicht mehr. In einer Zeit, in der Brüssel und EU-Adepten die Parole verbreiten, am EU-Wesen müsse Europa genesen, mag eine Erweiterung der Perspektive über den Eurozentrismus hinaus zwar etwas für sich haben. Dieser Weg nach Westen führt indes zurück in ein zweigeteiltes Ost- und Westeuropa wie die Brüsseler Schelte Polens und Ungarns sowie die Entwicklung der Visegrád-Staaten zeigen.

Schließlich überzeugt mich das Plädoyer nicht: Es kommt vollkommen ohne politik-ökonomische und machtpolitische Überlegungen aus; die Interessen der führenden Akteure fehlen gänzlich. Zudem ist der Westen viel älter als rund 80 Jahre, wie etwa Philippe Nemo in seiner essayistischen Genese der abendländischen Zivilisation aufzeigt. Vielleicht mangelt es manchem Gedanken über den Westen an Vielfalt und damit nicht zuletzt am Wert des Ostens. Wer die institutionelle Perspektive einnimmt, der erkennt Vielfalt in Freiheit mit dezentralisierter Macht als eine wesentliche Eigenheit, die heute mehr denn je betont werden sollte. Die aktuelle Krise Europas beruht ganz wesentlich auf der Anmaßung des Zentralismus.

Möglichkeiten und Grenzen europäischer Geschichte
Ein großartiges Panorama der Eigenheiten Europas in Vielfalt – geografisch, religiös-kulturell, wirtschaftlich-verfassungsmäßig gebündelt – bietet Frank-Lothar Kroll, stets in historischer Trendperspektive. Der Professor für Europäische Geschichte der Neuzeit an der TU Chemnitz ist neu im Herausgeberkollegium und seit Herbst 2015 Mitglied des Vorstands der DGEPD. Schon während meiner Promotion ist mir seine ausgezeichnete Habilitationsschrift „Utopie als Ideologie. Geschichtsdenken und geschichtliches Handeln im Dritten Reich“ aufgefallen. Später hatte ich das Glück die kompakte, ertragreiche Mini-Biographie über den Bonner Philosophen und Kunstwissenschaftlers Heinrich Lützeler und seinen intellektuelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus lesen und rezensieren zu können.

Osteuropa, Mitteleuropa, Westeuropa sind drei unterschiedliche Geschichtsräume, die Frank-Lothar Kroll anhand von drei großen Themen auf einander bezieht: Nationalität, Einheitsstreben, Idee der Freiheit. Das Ergebnis lautet: „nicht das Streben nach Zusammenhalt und Einheit, sondern die Tendenz zum Auseinandergehen, zur Wahrung einer in ihren Erscheinungsformen zwar wechselhaften, in ihrer Grundrichtung jedoch weitgehend durchgehaltenen Vielfalt“ stelle das vorherrschende Prinzip in der Geschichte Europas dar.

Allen Europäisten und bekennenden Europäern sei zudem folgende Erkenntnis klaren politischen Denkens empfohlen: „Eine Deutung Europas und seiner Geschichte, die – in gleichsam vorauseilendem Gehorsam gegenüber retrospektiv gewendeten Wunschbildern kenntnisloser EU-Kulturbürokraten – vom Dogma politischer Einheit bestimmt wäre, könnte diese Geschichte über Jahrhunderte hinweg doch stets nur als eine defizitäre Aneinanderreihung von Fehlschlägen und Misserfolgen interpretieren und ist daher grundsätzlich verfehlt.“ In schroffer Kurzform ließe sich anfügen, dass selbst Napoleon und Hitler nicht die Einheit Europas errungen haben.

Ich entnehme Krolls Aufsatz „Räume – Ideen – Identitäten. Gibt es eine europäische Geschichte?“, dass sich Europäisierung vielmehr als Konstitutionalisierungsprozess begreifen lässt, der sich durch drei Themenfelder kennzeichnen lässt: Vielfalt, Einheit und Verbindendes, Freiheit.

EU: fatale Akzeptanzkrise als Demokratiegewinn
Auf „Die Suche nach einer neuen Erzählung von Europa“ macht sich Emanuel Richter, Professor für Politische Wissenschaft in Aachen, und richtet dabei seine Aufmerksamkeit auf politische und demokratische Potentiale. Mit Bob Dylan ließe sich auf den akademischen Befund hinführen: „The times, they are a changin“. Zwar währte nunmehr 60 Jahre die Demokratieferne der EU und ihrer Vorläufer und weitgehendes Desinteresse bis zur Ignoranz sei allzu lange mit der wachsenden politischen Machtfülle einhergegangen. Indes würden die zahlreichen Defizite inzwischen benannt. Despektierliche, schonungslos kritische Kontroversen beobachtet Emanuel Richter und nennt vier zugespitzte europäische Narrative, in denen die Demokratiedefizite des herrschenden EU-Systems deutlicher denn je hervortreten:

  1. die Mastererzählung eines schrittweise geschaffenen europäischen Bundesstaates kommt ohne substanzielle Mitgestaltung der Bevölkerung aus,
  2. die supranationale Integration zur Krisenverarbeitung seit den 70er Jahren wird als neoliberale Diktatur mit Superstaat ohne Demokratie und rein marktwirtschaftliches Imperium gedeutet,
  3. ein protestantisches, von Deutschland geführtes Europa unterdrücke das lebensfrohe „Europe latin“ ist eine weitere antiliberale Erzählung,
  4. der rechtspopulistische Euroskeptizismus verfolge den EU-Rückbau bis hin zum nationalen Austritt.

Was mir fehlt ist die solide Kritik an der EU und am Zentralismus, die hier bezeichnenderweise unter rechtspopulistisch subsumier werden muss. Selbst in EU-Belangen unverdächtige Denker wie Nassim Nicholas Taleb kritisieren aktuell („Skin in the game“) massiv und profunde den Zentralismus, der Fehler maximiert, was gleichermaßen dramatisch ist, aber auf weitgehendes Desinteresse stößt und auch noch folgenlos für die Verantwortlichen bleibt.

Emanuel Richters Blick durch die demokratietheoretische Brille lässt zwar in vielen Varianten die Demokratiedefizite der EU sichtbar werden. Allerdings bleiben Fragen des Rechts, der Freiheit und der Wirtschaft, aber auch der Kultur in Europa außerhalb des Sichtfelds. Immerhin nimmt der Aufsatz für mich eine gute Wendung, weil die massive Kritik der Demokratiedefizite selbst als demokratische Errungenschaft begriffen wird, was zu dem Schluss führt: „Es könnte also sein, dass die EU gar nicht den probaten Rahmen für die Bestrebungen einer europäischen Bürgerschaft abgibt“. Wie wahr wie wahr. Schon Ralf Dahrendorfs Gespräch mit Antonio Polito drehte sich vor 15 Jahren („Die Krisen der Demokratie“) um das Dilemma einer institutionellen Europäisierung, die den Hort der Demokratie, das nationale Parlament, verdrängt.

Dazu passt, dass schließlich noch eine liberale Sicht aufscheint. So könnten die Debatten einen Wunsch nach weniger Herrschaft, weniger EU-Institutionen und letztlich einer dezentralen Neugründung enthalten. Schade, dass keine Reflexion über Alternativen wie eine Föderation und vor allem eine Konföderation folgten.

Europa als staatenbündischer Bundesstaat
Ein typischer Schachtschneider erwartet den Leser des vierten und letzten Aufsatzes: „Zur Finalität der Europäischen Union“. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider proklamiert eine „Republik der Republiken“ als Ziel und Ende der europäischen Integration – mit souveränen Völkern und einem völkerrechtlichen Vertrag, der unterschiedliche Integrationsniveaus zulässt. Den Status quo der EU beurteilt er als illegal, als unrecht. Dabei spart er zu Recht nicht mit Kritik an dem usurpatorischen Europäischen Gerichtshof, der Ermächtigungen definiere.

Schachtschneiders machtpolitische und rechtskonforme Perspektive ist angenehm klar: „Die gegenwärtige Verfassung der Europäischen Union und damit auch die ihrer Mitgliedstaaten ist mit Rechtsprinzipien nicht vereinbar.“ Dementsprechend gelte es die Prinzipien des Rechts-, National- und Sozialstaat sowie der Demokratie zu wahren. Schon der Gründungsgedanke sei von einer Integration der Republiken ausgegangen, die eine Rechtsgemeinschaft mit nationalen Identitäten bilden sollten, also einen staatenbündischen Bundesstaat. Eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb gilt Schachtschneider als Essenz der Union.

Der Nürnberger Emeritus plädiert stets für die Republik als einzig wahre Staatsform und folglich für eine Europäisierung durch Republikbildung, für eine Republik von Republiken. Das ist anregend, kommt aber als eine Alternative ohne Alternativen daher.

Innehalten
So viel zum Schwerpunkt des Jahrbuchs „Europa denken“. Eine offenkundige Stärke ist der Perspektivenreichtum – offenkundig, weil der Kontrast zur alltäglichen politischen Kargheit so scharf hervortritt; Stärke, weil die jeweilige Argumentation perspektivisch klar ist und sich von der nächsten unterscheidet.

Wer es als Leser bis hierher geschafft hat, darf sich eine kleine Pause gönnen. Kurzes innehalten, vielleicht bewegen, um einen Kaffee, Tee oder ein gehaltvolles Glas zu holen, könnte helfen. Schon Henry Hazlitt urteilte vor mehr als einem halben Jahrhundert, mindestens so wichtig wie lesen, sei das Nachdenken über das Gelesene, weshalb man die gleiche Zeit für beide Tätigkeiten aufwenden solle.

Drei, zwo, eins – weiter geht es. Zunächst mit kurzen Bemerkungen zu den weiteren Aufsätzen.

Humboldt neben Strauss und Weber
Den Humboldt-Mythos stellt Manuel Becker auf den Prüfstand. Was meint der wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Bonn am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie damit? Humboldts Ideen und Handeln werden (ideen)geschichtlich untersucht und in seiner aktuellen Bedeutung bewertet. Der Bildungstheoretiker mit seinem Minimalstaat und der Bildungspolitiker mit seiner rekordverdächtigen Reform des höheren Bildungssektors kommen gleichermaßen ins Visier. Das Ergebnis ist eine Relativierung mit Ansage: Die Bedeutung von Humboldts Bildungstheorie und -philosophie würden heute massiv überschätzt werden, seine Staatsskepsis sei realitätsfern. Zudem sei sein tatsächlicher Einfluss als Reformer im 20. Jahrhundert stilisiert worden. Auch die Exporterfolge des Humboldt-Modells weltweit seien von der Forschung relativiert worden. So weit in aller Kürze der Befund.

Tja, gemessen an den herrschenden Verhältnissen mag das zutreffen. Indes erscheint das Problem mehr die Realität als der gute Humboldt zu sein. Denn die heutigen, überbordenden Bildungsdefizite sind gleichsam staatsmonopolistische Bildungsprobleme. Das Staatsversagen wird selbst von Hirnforschern kritisiert, weil wissbegierige Kinder bereits ab der 2. Klasse verloren werden. Ihre Begeisterung kann in den Bildungslegebatterien keinen Raum zur Entfaltung finden. Tatsächlich bietet Humboldts Ideal immer noch eine großartige Vorlage für die Praxis. Ein ist indes eine Vereinnahmung der Bildung durch den Staat, der organisatorisch und inhaltlich dem Schema des Maschinenzeitalters frönt. Der Staat ist seit Jahrzehnten nicht minimal, sondern maximal uns seine Propheten und Pädagogen lehren allzu gern staatsfröhliche, anti-liberale und marktwirtschaftsfeindliche Meinungen.

Anschlussfähig erscheint die erfahrungsgesättigte, aber weitgehend auf eine betriebswirtschaftliche Schelte reduzierte Klage über den Niedergang der Universitätsautonomie, die der theoretische Philosoph Rainer Enskat in seinem Essay „Ruinen schaffen ohne Waffen?“ vorträgt. Mir stellte sich die Frage, ob echtes Unternehmertum nicht ohne Universität erfolgreicher wäre. Und ob drastisch geschrumpfte Universitäten, eher seinem Ideal nahe kämen. Denn tausende Philosophen, Germanisten, Historiker und Politikwissenschaftler braucht das Land nicht wirklich, dafür wenige gute.

Für Kenner und Liebhaber ist der Beitrag über Leo Strauss’ Interpretation von Husserls „Philosophie als strenge Wissenschaft“, den Pierpaolo Ciccarelli verfasst hat. Ein zeitloser Aspekt fiel mir auf, ein von Husserl erkanntes Paradoxon: „Die praktische Idee der Wissenschaft ruft ein Bedürfnis nach Weltanschauung hervor, dessen Erfüllung die Weltanschauung nur unter der Bedingung gewährleisten kann, dass die praktische Idee der Wissenschaft als solche Preisgegeben wird.“ Das erinnert mich einerseits an die aktuellen Defizite des Journalismus, die maßgeblich weltanschaulich verursacht sind, und andererseits an die Frage, ob u.a. die Betriebswirtschaftslehre eine Wissenschaft ist.

Relevant für die Populismus-Debatte ist in gewisser Weise der Aufsatz von Cristiana Senigaglia: „Max Weber und die demokratische ‚Umbildung des Charisma’“. Charisma könne weder allein noch dauerhaft politische Lösungen erbringen. Die Schwachstellen des Charisma – rechtliche und organisatorische – erforderten eine Umformung hin zu mehr Stabilität, Legalität und Konsens sowie mehr Sachlichkeit durch einen Dienst an der Sache. Dann könne Charisma positiv in einer parlamentarischen Ordnung mit Resonanz bei den Bürgern wirken. Das habe Weber intensiv durchdacht, aber nicht so ausgearbeitet und sei daher vernachlässigt worden.

Indes könnte der Mangel an Charisma heute auch daran liegen, dass das Mediokre zum Leitbild erklärt wurde. Für Lincoln oder Churchill wäre heute keine Bühne zu haben. Bloß nicht aus der Reihe tanzen. Das Team ist der Star. Kein Wunder, dass Sternchen heute Stars ersetzen.
 
Rezensionen geben Denkanstöße
Aus den Rezensionen sei herausgegriffen:

  • Kampf der Ideen. Die Geschichte politischer Ideen im Kontext von Samuel Salzborn. Rezensent Peter Nitschke urteilt: „Politische Ideen stehen immer für oder gegen etwas“, und dieses Etwas sei instrumentell. Politische Ideen seine „Repräsentationsanzeigen von Herrschaftsinteressen“. Wirkungsmächtige Ideen folgten Interessen gesellschaftlicher Gruppen, die Massen folgten auch Ideen. Angesichts der Ideenvielfalt, vielleicht Interessenvielfalt, fehle eine einheitliche Substanz für die Politische Theorie.

Mit Carl Schmitt ließe sich konstatieren: So ist es. Freund-Feind-Denken kann ein Wesen der Politik sein. Das Stammes- und Hordendenken würde Friedrich A. von Hayek als Krisentreiber ausmachen. Und Ludwig von Mises würde darauf hinweisen, dass der Liberalismus eine Weltanschauung ist, die den Rahmen für menschliches Handeln bildet, ohne Herrschaftsinteresse zu verfolgen – ganz im Gegenteil.

  • Niemand habe bisher so präzise und erschöpfend die entgegengesetzten Moraltypen unter die Lupe genommen wie Lothar Fritze, der eine Monographie „Kritik des moralischen Universalismus. Über das Recht auf Selbstbehauptung in der Flüchtlingskrise“ verfasst hat.
    • Verabsolutierung des Sollensanspruchs per Humanitarismus, die auf eine Selbstzerstörung hinauslaufe.
    • Moraluniversalismus mit gesellschaftszerstörender Potenz.
    • Dabei ureigenster Vorrang des Eigenen negierend und damit Familie, Nation – anthropologisch widersinnig und demokratiefeindlich zugleich.

Das Buch biete indes eine Grundlage für rationale Verständigung.

  • Die Monographie von Aurel Kolnai: Der Krieg gegen den Westen stelle eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus bereits im Jahr 1936 dar. Sie liegt nun in deutscher Übersetzung vor und thematisiert den Gegensatz des Nationalsozialismus zur westlichen Zivilisation, was eine Verständigung unmöglich machte. Die Totalitarismusanalyse und -kritik sei auch für den Stalinismus tauglich. Die Relevanz von Aurel Kolnai werde zunehmend gewürdigt.

Fazit: Die anregende Jahrbuchvielfalt ist ein Gewinn. Wäre doch in meinem Kopf dauerhaft Platz für den Perspektivenreichtum und die Argumente im Detail.
Michael von Prollius

Literatur: Jahrbuch für Politisches Denken, Band 26, hg. von V. Gerhardt u.a., Duncker und Humblot, Berlin 2017.