Politikkritik – heute: Förderung schadet Ostdeutschland
Politikkritik – heute: Förderung schadet Ostdeutschland

Politikkritik – heute: Förderung schadet Ostdeutschland

Die Milliardentransfers nach Ostdeutschland haben auch langfristige Schäden angerichtet. Dazu gehört der Erhalt von unproduktiven Arbeitsplätzen. Ein Markenzeichen der DDR-Wirtschaft war Vollbeschäftigung und geringe Produktivität. Das Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle hat die politische Förderung Ostdeutschlands kritisiert. Grundlage ist eine Studie, die nach drei Jahrzehnten Bilanz zieht. Das Postulat gleichwertiger Lebensverhältnisse habe in die Irre geführt. Die Produktivitätslücke (mindestens 20%, Stagnation seit 1999) zeige sich auch in niedrigeren ostdeutschen Löhnen. Ausländische Arbeitskräfte zieht es nach Westdeutschland. Dort wird das Elffache für Forschung und Entwicklung ausgegeben.

Entlarvend ist die Reaktion des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU). Er wird in der Berliner Zeitung zitiert: „Ich halte die Idee, wirtschaftlich schwache Gebiete im Osten aufzugeben, für ökonomisch falsch und politisch völlig inakzeptabel.“ Und er fuhr fort: „Anders als Wirtschaftsinstitute muss Politik auch andere, gesamtgesellschaftliche Parameter im Blick behalten.“

Nur zwei Sätze offenbaren die ganz normale Anmaßung eines Politikers und stehen stellvertretend für Politikversagen insgesamt. Sachargumenten, empirisch untermauert, wird mit einer persönlichen Meinung widersprochen, dann einfach das Primat der Politik propagiert und schließlich eine Utopie beschworen: die Gesamtgesellschaft. Das ist dumm, weil der Angriff auf die Vernunft aufgeklärte Menschen beleidigt.

Vielleicht geht die Rechnung aber auf und der Stimmenfang funktioniert. Christian Hirtes Verhalten ist ein Musterbeispiel dessen, was die Public Choice Theorie und ihre Nobelpreisträger in den letzten fünf Jahrzehnten erarbeitet haben:

  1. Politiker propagieren das Gemeinwohl und streben stets zu allererst nach ihrem persönlichen Vorteil. Wähler wählen emotional und diejenigen, die ihnen mehr für das eigenen Portemonnaie versprechen.
  2. Es gibt keine handelnden Kollektivgrößen, Entscheidungen treffen nur Individuen. Die Menschen, die Gemeinschaft und die Gesellschaft sind vor allem verführende Vereinfachungen. Dementsprechend gibt es auch keine gesamtgesellschaftlichen Interessen.
  3. Öffentliche und private Entscheidungen differieren fundamental. Anreize und Beschränkungen machen den Unterschied. Bei individuellen Entscheidungen trägt der Handelnde die Konsequenzen, Vor- und Nachteile fallen allein ihm zu; bei einem Handel werden beide Seiten besser gestellt. Öffentliche Entscheidungen verteilen die Kosten auf eine breite Masse und konzentrieren die Vorteile in der Politik und der begünstigten Gruppe. Eine verbesserte Wohlfahrt ist nicht garantiert.

Diese Erkenntnisse begründen zugleich warum Politik (heute) so schlecht ist. Häufig dauert es länger, zuweilen einige Jahrzehnte, bis die Kosten politischer Entscheidungen zutage treten. Die Subventionitis seit den frühen 1990er Jahren verursacht die schwächelnde Leistungs- und Innovationsfähigkeit in Ostdeutschland zumindest anteilig.

Was tun?
Letztlich ist wählen genauso rational oder irrational wie seinem Lieblingsteam beim Sport zuzujubeln. Vielleicht kochen die Emotionen in Debatten auch deshalb ähnlich schnell hoch. Das Ergebnis von Wahlen kann die Tyrannei der Minderheit sein, das ist die gut organisierte Lobbygruppe, etwa bei Genderismus und Klimaklientelismus, oder die Tyrannei der Mehrheit, das ist die keinen Dissens duldende Masse, die Minderheiten drangsaliert.

Leider gibt es kein Licht am Ende des Tunnels. Wahlen bringen keine besseren Politiker hervor, selbst wenn bessere Politiker gewählt werden. Das grundlegende Problem besteht darin, dass man zunächst eine Regierung zur Machtausübung befähigt und dann vor der Unmöglichkeit steht, dass die ermächtigte Regierung sich selbst beschränken soll. Das könnte allenfalls in einem Ausnahmefall funktionieren, nämlich dann, wenn einmal ehrbare Menschen an den Hebeln der Macht sitzen und sie die ihnen gegeben Möglichkeiten nicht ausschöpfen, sie also keine Privilegien verteilen und sie legale, aber illegitime Begünstigungen unterlassen.

Institutionelle Probleme bedürfen institutioneller Lösungen, d.h. eine geregelte Beschränkung der Macht. Gerade die Mächtigen bedürfen starker Ketten. Die Herrschaft des Rechts muss gerade für sie gelten. Allerdings ist das auch die Crux mit der Verfassung. Um mit dem gerade verstorbenen Anthoy de Jasay zu sprechen, man braucht eine Verfassung nicht, wenn sich alle daran halten, und sie ist wertlos ist, wenn gegen sie verstoßen wird.

Literaturhinweis: Wer eine kurze Einführung in die Public Choice Schule lesen möchte, dem empfehle ich den überschaubaren Artikel von William F. Shughart II: Public Choice, in: Library of Economics and Liberty.