Literarischer Antiliberalismus par excellence
Literarischer Antiliberalismus par excellence

Literarischer Antiliberalismus par excellence

Bernard Maris: Michel Houellebecq, Ökonom. Eine Poetik am Ende des Kapitalismus, (franz. Erstauflage Paris 2014) Dumont Buchverlag, Köln 2015, 142 S., 18,99 Euro.
Der bekannte französische Ökonom Bernard Maris hat noch zu Lebzeiten eine Text-Collage erstellt. Je nach Betrachter treten unterschiedliche Aspekte hervor. Verbunden sind die Teile einerseits durch wirtschaftspolitische Assoziationen, die ihren Ursprung in Romanen des umstrittenen Schriftstellers Michel Houellebecq haben. Maris ökonomische Position kommt in seiner Forderung nach einer Vergesellschaftung des Geldes zum Ausdruck. Houellebecqs Werke zeichnet eine Kritik einer narzistischen Konsumgesellschaft aus. Beide Autoren waren befreundet, beide haben erheblich vom Kapitalismus profitiert.
Le Monde kommentierte: „Maris lädt uns ein, den Schriftsteller Michel Houellebecq zu lesen, damit wir die Wirtschaft besser verstehen.“ Aus Österreichischer Perspektive lernen wir aus dem vom Dumont Verlag publizierten Text zumindest drei Dinge:

  1. Eine Schmäh des herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, die sich aus einer Kritik der Wirtschaftswissenschaften an sich speist, eignet sich als französischer Export. Manches Treffende geht in einer ausgesprochenen Unkenntnis unter, wozu Nationalökonomie dient. Apropos, Frankreichs wirtschaftspolitische Leistungsfähigkeit ist nachlesbar gut begründet.
  2. Ein antiliberaler und antikapitalistischer Exhibitionismus treibt gerade namhafte Ökonomen um. Die Wurzeln dieser Dummheit sind seit 1956 in dem Klassiker „The Anti-Capitalist Mentality“ nachzulesen.
  3. Das Streben nach Anerkennung durch die Reproduktion eines alten Widerspruchs lebt: Die Kritik des Kapitalismus, um die Erfolge des Kapitalismus zu ernten, die Kritik des Nobelpreises und die Auszeichnung “Ökonom des Jahres” gehen Hand in Hand.

So trifft folgendes Zitat vor vielen andern auf Bernard Maris selbst zu: „Sie [die Wirtschaftswissenschaftler] haben eine Ökonomie des Verbrechens errichtet, in der Banditen ihr kriminelles Verhalten und die von ihnen eingegangenen Risiken mit mutmaßlichen Strafen und künftiger Beute begründen.“ (S. 17).
Über eine schlichte Kritik der Kunst Picassos wird aus der Poethik von Maris und Houellebecq eine Po-Ethik. Was wohl Maris dazu sagen würde, dass die derzeit prominentesten antiliberalen Kräfte ihn in der Redaktion der Magazins Charie Hebdo getötet haben?
Michael von Prollius