MvP-Blog
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Finanzielle Unterdrückung

Andreas Hoffmann hat einen lesenswerten Artikel auf dem Blog ThinkMarkets publiziert: Beware of Financial Repression. Der Begriff bezeichnete zunächst die politische Beeinträchtigung von Kapitalmärkten und wird heute für die Privilegierung von Staatsanleihen, um die Staatsfinanzierung zu verbilligen, verwendet. Wie geschieht das? Durch – ja so heißt der vor einiger Zeit in Mode gekommene vage Begriff wirklich – makroprudentielle Politik. Dieser vage technokratische Terminus zielt auf die Überwachung der Stabilität des Finanzsystems. Konkret: Staatsanleihen werden bevorzugt, …

Demokratieproblem ernst nehmen

Leserbrief zum Gastkommentar Das Demokratieproblem lähmt Europas Einheit von Ludger Kühnhardt in der NZZ am 22.02.2017. Diagnose und Argumentation zum Demokratieproblem, das Europas Einheit lähmt, sind stimmig. Zugleich wirft der Beitrag drei Probleme auf, ohne sich damit zu beschäftigen: Die Einheit Europas und die Gestaltungsfähigkeit der EU werden als per se wünschenswert angenommen (politische Voreingenommenheit). Die Diagnose, es fehle eine europäische Gesellschaft, wird als Defizit angesehen (politisch-gesellschaftliche Voreingenommenheit). Die Präferenz von Elitenentscheidungen gegenüber anderen, als …

Die Logik der öffentlichen Verwaltung

Mehr als 100 Jahre liegen zwischen den Befunden. Die Aussagen sind gleich, die Bewertungen hingegen nicht. Das Wagnersche Gesetz (Adolph Wagner 1835-1917) steigender Staatsausgaben thematisiert die kontinuierliche Ausdehnung staatlicher Tätigkeiten durch den Wandel vom Ordnungs- zum Wohlfahrtsstaat. Wagner beurteilte die vermehrte Übernahme von Aufgaben durch den Staat positiv. Jan Flückinger kommentierte in der NZZ das überproportionale Staatswachstum in der Schweiz. Immer neue Aufgaben würden auch als Selbstzweck der Verwaltung identifiziert. Die Folgen: Personalaufbau, geringe Effizienz(steigerung), …

The winner takes it all

Herausragender Erfolg ist das Ergebnis harter Arbeit und glücklicher Umstände. Zumeist schauen wir in der globalen Hochglanzwelt auf die großen Erfolge, ohne uns Zeit zu nehmen. Zeit, für die lange Geschichte, die einem Erfolg vorausgeht. Ob Sportstars, Literaten und Musiker, oder Erfinder, Unternehmer und die großen Ökonomen und Sozialphilosophen. Zum Erfolg gehört mehr als das, was man sieht. Die Graphik illustriert das anschaulich mit Schlüsselbegriffen. Russell Roberts beschreibt in The Price of Everything eindringlich, was …

EU-Freihandelsprotektionismus

Die gut geölte Propaganda-Maschine der EU beeindruckt auch die NZZ. So schreibt René Höltschi, aus Brüssel, unter der Überschrift Eine Lanze für den Freihandel die EU-Staaten hätten eine Botschaft gegen Protektionismus und für Freihandel formuliert. Der Artikel beginnt mit der indirekten Wiedergabe einer Aussage von EU-Ratspräsident Tusk : „Europa bleibe eine Verfechterin von offenem, regelgebundenem Handel, nicht zuletzt bedingt durch aufkommende Zeichen von Protektionismus anderswo“. Der Artikel endet mit dem Satz: „So [mit Gesetzen gegen …

Eine antifragile Persönlichkeit: Tom Brady

Antifragilität bezeichnet eine systemische Entwicklung, in der Dinge durch Schocks und Stress besser werden. Nassim Nicholas Taleb hat diesem Phänomen bekanntlich ein voluminöses Buch gewidmet: „Antifragile: Things That Gain From Disorder“. Während Resilienz lediglich Widerstandsfähigkeit bezeichnet, ähnlich wie robust, meint antifragil, dass Dinge gedeihen und sogar wachsen, wenn sie Volatilität, Unordnung und Stress ausgesetzt werden. In einem Interview mit Russ Roberts brachte Taleb ein griffiges Beispiel: Robust heißt, ich schicke ein Paket mit Sektgläsern per …

Ecological Fallacy

Der ökologischer Fehlschluss bezeichnet den verbreiteten Denkfehler, von Aggregatdaten, die Merkmale eines Kollektivs abbilden, unzulässigerweise auf Individualdaten zu schließen. Fettreiches Essen fördert nicht Brustkrebs – die Kausalbeziehung ist nur eine Korrelation. Ausländer sind nicht gebildeter als Inländer in den USA – sie leben nur in Bundesstaaten mit einer durchschnittlich niedrigeren Bildungsrate. Das sind Beispiele, die David A. Freedman in einem kurzen, tw. mathematischen Artikel für die International Encyclopedia of the Social & Behavioral Sciences beschrieben …

Deutscher, kein Kosmopolit

Ich bin ein Deutscher. Ich bin nicht zuerst Europäer und schon gar nicht Weltbürger. Berliner bin ick – Wahlberliner. Zudem geborener Hamburger, aufgewachsen in Südniedersachsen. Wie wird man Kosmopolit? Ich weiß es nicht. Wer auf Tour geht, vielleicht mit einer Band, und auf allen Bühnen der Welt zu Hause ist, hat vielleicht keine Heimat (mehr). Wer Teil des internationalen Jet Sets ist, ob Star, Sternchen, Politiker, Manager eines Global Player oder internationaler Nichtregierungsbürokrat, wünscht sich …

Die drei Tücken des Populismus

Ein zentraler Aspekt des Populismus ist der gezielte Angriff auf das Establishment. Dieser Angriff setzt an tatsächlichen und/ oder wahrgenommenen gravierenden Defiziten des Status quo sowie des politischen Personals an. Die erste Tücke des Populismus ist, dass der Angriff aufgrund berechtigter Kritik Unterstützung findet, zugleich aber regelmäßig die Populisten selbst und ihre politischen Konzepte keine Lösungen im Sinne einer Ordnung der Freiheit darstellen. Die zweite Tücke des Populismus besteht darin, dass Angriffe wiederholt überzogen und …

Tod eines erfolgreichen Liberalen

„Zur Ordnung“ war Mahnung und Erläuterung zugleich. Hans D. Barbier schrieb die Kolumne Jahre lang in der FAZ und erreichte viele Menschen, darunter Entscheidungsträger. Politiker und Intellektuelle sahen sich vom ordnungspolitischen Maßstabhalter herausgefordert. Interessierten Lesern wurde eine freiheitliche Wirtschafts- und Ordnungspolitik nahegebracht. Ich selbst habe von der Lektüre profitiert – eine Anleitung zum Selbstdenken, ein Hinweis, dass ein Mann den Unterschied ausmachen kann. Hans. D. Barbier verschob den Maßstab der mediokren Mitte. Für mich war …

Elektrisiert – endlich dunkel

Meiner Stromrechnung war eine Mitteilung beigefügt: Informationen zu ihrem Strompreis. Der Flyer beginnt mit einer Abbildung. Der Strompreis setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: 54% staatliche Steuern, Abgaben und Umlagen, 24% Netzentgelte und 22% Strombeschaffung und Vertrieb. Weniger als ein Viertel der Kosten werden durch die Marktwirtschaft bestimmt. Der Staat nimmt über die Hälfte – das ist sittenwidrig. Das Maximum liegt für normale Bürger bei bis 50%. Ein Drittel finden sie in Ordnung. Dann lese …

Der strategische Blick auf die Massenzuwanderung

Erich Weede gehört den Menschen, die etwas zu sagen haben. Dabei vermag er Breite und Tiefe in seinen Überlegungen mit einem nüchternen Blick auf die Realität zu verbinden. Politik, Soziologie, Ökonomie sind Felder, die er erfolgreich bestellt – zusammen mit interkulturellen Themen, wobei ein Schwerpunkt in Asien liegt. Zur Herausforderung der Massenmigration hat sich Erich Weede in den „Orientierungen“ der Ludwig Erhard Gesellschaft im Juni 2016 geäußert. In dem etwas ausführlicheren Beitrag geht er der …

Nicht der Wahrheit letzter Schluss

Mir wurde das Buch „Die letzte Stunde der Wahrheit“ des Soziologen Armin Nassehi empfohlen. Ich mag es nicht, gar nicht. Ich finde nicht Neues darin. Und das als Anhänger des Liberalismus, dem Nassehi mangels Gesellschaftstheorie nichts abgewinnen kann. Für mich klingt es indes so, als möchte er doch gerne eine liberale neue Sicht auf die Gesellschaft vertreten. Linke und rechte Beschreibungen der Realität hält er zu recht für unterkomplex. Überhaupt ist Komplexität und Perspektivenvielfalt ihm …

Fair – ein politisches Wieselwort

Das englische Wort fair bedeutet anständig und ordentlich. Im Spiel bezeichnet fair ein Verhalten, das im Einklang mit den Spielregeln steht – man hat sich an die Regeln gehalten. Damit wurde der Gerechtigkeit genüge getan und der Anstand gewahrt. Fairness wird insbesondere dann gewürdigt, wenn die Regeln unter erschwerten Bedingungen eingehalten wurden. Beispielsweise liegt ein Tennisspieler zurück und bekommt einen Punkt zugesprochen, weil der gegnerische Ball im Aus gewesen sein soll. Doch der begünstigte Spieler …